Pilze und Naturschutz

Pilze, Naturschutz und deutsche Verantwortungsarten

Biotopschutz ist der beste Pilzschutz

Mit dieser Grundaussage wäre eigentlich schon eine erfolgreiche Naturschutzpraxis verbunden. Doch die hohe Artenvielfalt der Pilze hat seine Ursache in der Fähigkeit dieser für den Naturhaushalt essentiellen Organismengruppe, jede noch so kleine Nische zu nutzen. Egal ob Tannenzapfenschuppen wie beim Tannenzapfenschuppenbecherling (Ciboria rufofusca) oder eine stehend absterbende mehr als 300jährige Eiche wie beim vom Aussterben bedrohten Eichenzungenporling (Buglossoporus quercinus). Jede Pilzart ist an bestimmte Verhältnisse gebunden, die auf entsprechenden Habitattraditionen und Substratangeboten gründen. Werden beispielsweise nahezu alle Buchen und Eichen im Laubmischwald ab 90-120(-150) Jahren gefällt, gibt es in 100 bis 200 Jahren keine Bäume mehr, die älter als 200 Jahre sind. Da das natürliche Alter der meisten Waldbaumarten aber 300-600 Jahre ist, sind hunderte Pflanzen-, Pilz- und Tierarten vom Aussterben bedroht, die an altes Totholz bzw. natürlich absterbendes Holz angepasst sind. Ein prominentes Beispiel aus der Tierwelt ist der Hirschkäfer, dessen Larven sich bis zu acht Jahre lang vom durch Pilze zermürbten Holz mächtiger, alter Eichenstämme ernähren, bevor ihre Metamorphose zum geschlechtsreifen Käfer beginnt. Mittlerweile sterben bei uns nicht nur die Käfer aus sondern auch die Menschen, die sich noch daran erinnern können, mal einen Hirschkäfer gesehen zu haben.

Für viele Pilz- und Tierarten ist stehendes Totholz mit Mulmhöhlen der einzige, nutzbare Lebensraum. Dieses sollte daher unbedingt an allen Stellen erhalten werden, wo es die Verkehrssicherheit einigermaßen zulässt. Alte, hohle Bäume in Wäldern oder auch Obstbäume in Gärten sind sehr wertvolle Biotope.


Wir müssen also beim Naturschutz Expertenwissen mit einbeziehen, wenn wir auch die Pilze optimal schützen wollen.

Bereiten wir gemeinsam den Weg für künftige FFFH-Gebiete (FAUNA-FLORA-FUNGA), in denen Pilzen der gleiche Stellenwert eingeräumt wird wie Pflanzen und Tieren. Die bisherige Praxis, nur Fauna und Flora zu berücksichtigen, greift ethisch und wissenschaftlich zu kurz.

Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität unserer Bayerischen Großpilzflora

Die Bedeutung der Pilze für die Vitalität unserer Wälder wird vielfach unterschätzt. Ohne Pilze gäbe es keinen Wald, wie wir ihn kennen und lieben.

Folgende Maßnahmen werden daher seit längerer Zeit von Fachleuten vorgeschlagen:

- Minimierung von Bewirtschaftungsschäden im Bayerischen Staatsforsten und Privatwäldern
- Maschineneinsatz mit Boden-schonendem Gerät bei geeigneten Bodenverhältnissen nur in Rückegassen mit   Reisigmatten
- Neue Aufforstungen ausschließlich mit standortgerechten Baumarten (Buche, Eiche, Esche, Ahorn, Linde)
- Tolerieren von Pioniergehölzen wie Birke, Espe und Weide
- Erhöhung der Totholzmengen durch Belassen von Reisig und Stammteilen standortgerechter Gehölze
- Erhalt von Biotopbäumen, stehend und liegend


- Einschlagsalter vorhandener, naturnaher Bestände erhöhen
- Unterlassen von Stockrodungen
- Verzicht auf neue Wirtschaftswege und schonende Erhaltungsmaßnahmen im Bestand
- Bestandssicherung und Erweiterung der Naturwaldreservate
- Einrichtung von Pufferzonen zwischen Intensivlandwirtschaft und nährstoffarmen Biotopen wie
z. B. Trockenrasen, Mooren, Flechtenkiefernwäldern, Almwiesen und  Extensivgrünland.

- Reduzierung der Stickstoffbelastungen/Eutrophierung der Landschaft




Weiter führende Aussagen zum Thema Pilze und Naturschutz finden Sie in der Liste gefährdeter Großpilze Bayerns (Karasch & Hahn 2010, LfU, kostenloser Download über http://www.lfu.bayern.de/natur/rote_liste_pilze/index.htm

Im Mai 2014 wurden 19 deutsche Verantwortungsarten von Großpilzen veröffentlicht, die 2011 im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz von den Autoren Matthias Lüderitz und Andreas Gminder mit Hilfe von Kartierungsdaten aus den Bundesländern ermittelt wurden (http.://www.dgfm-ev./verantwortungsarten-deutschlands-beiheft-z-mykol-13) .

Folgende, naturschutzfachlich sehr bedeutsame Arten aus dieser Liste, für deren Erhalt Deutschland eine besonders hohe internationale Verantwortung hat, kommen auch in der Ammerseeregion bzw. in den vier angrenzenden Landkreisen vor:

Armillaria ectypa - Der Moor-Hallimasch

Camarophyllus flavipes - Gelbfüßiger Ellerling

Clavaria greletii - Bläulichbereiftes Wiesenkeulchen

Entoloma chalybaeum - Schwarzblauer Rötling

Entoloma queletii - Rosafarbener Wald-Rötling

Lactarius aspideus - Schildmilchling

Lactarius lilacinus - Lilafarbener Milchling

Lepista personata - Lilastiel-Rötelritterling

Informationen zu diesen Arten finden sie in der Gesamtliste. Wenn Sie neue Funde von diesen Arten entdecken, dokumentieren Sie diese bitte sehr sorgfältig mit Bild und Beleg (Pilz getrocknet bei ca. 40 °C) und genauem Fundort und informieren uns möglichst kurzfristig per E-Mail.