Wissenswertes aus der Pilzwelt

Wissenswertes aus der Welt der Pilze

Wir möchten an dieser Stelle nur einige Beispiele aus dem unerschöpflichen Reich der Pilze bringen, um auf deren essentielle Bedeutung für unser Leben auf dem Planeten Erde hinzuweisen.


Die Landeroberung der Pflanzen im Kambrium, also vor 590 bis 500 Mio. Jahren, fand bereits in Begleitung von Pilzen statt. Die vesiculär-arbusculären Mykorrhizapilze (VAM), die sich bis heute in den meisten Pflanzenarten weltweit erhalten haben, ist die älteste bekannte Symbiose zwischen Pflanzen und Pilzen. VA-Mykorrhizen können z. B. bei Pionierpflanzen an abschmelzenden Gletscherfeldern nachgewiesen werden. Die Pilze verbessern die Wasser- und Nährstoffaufnahme der Pflanzen im Austausch gegen Zuckerstoffe so wesentlich, dass diese auch ansonsten ungünstigen Standorten überleben können. Ca. 90 % aller weltweit existierenden mehr als 320.000 Pflanzenarten leben in Symbiose mit Pilzen. Die ersten Ektomykorrhiza-Symbiosen wurden an Fossilien von Kieferngewächsen entdeckt, die vor ca. 225 Mio. Jahren gelebt haben. Ein großer Teil der beliebtesten Speisepilze wie Pfifferling (Cantharellus cibarius), Kaiserling (Amanita caesarea), Fichtensteinpilz (Boletus edulis), Marone (Xerocomus badius), Reizker (Lactarius spec.) und Täublinge (Russula spec.) bildet Ektomykorrhiza-Symbiosen mit Bäumen und Sträuchern wie Birke, Buche, Eiche, Fichte, Hasel, Kiefer, Lärche, Pappel usw.


Ohne Pilze keine Orchideen:

Die Orchideen-Mykorrhiza ist eine weitere Form der Symbiose zwischen Landpflanzen und Pilzen. Die winzigen Orchideensamen können ohne die Anwesenheit von geeigneten Pilzen nicht keimen bzw. heranwachsen. In der ersten Phase bis zur Blattentwicklung parasitiert der Orchideenkeimling den Pilz. Nachdem die Pflanze Blattgrün entwickelt hat, stellt sich allmählich ein Gleichgewicht ein, d. h. nun bekommt der Pilz Zuckerstoffe aus der Photosynthese zurück. Die bei uns heimische Vogelnestwurz (Neottia nidus-avis), eine chlorophylllose Orchidee, parasitiert zeitlebens ihren Pilzwirt.


Die Artenvielfalt der Pilze ist um ein Sechs- Zehnfaches höher als die Artenvielfalt im Pflanzenreich. Dies haben Studien von Hawksworth (2001) und Blackwell (2011), basierend auf molekular-genetischen Bodenanalysen ergeben. Weltweit existieren also ca. 1,5 bis 5,1 Mio. Pilzarten, von denen erst ca. 150.000 wissenschaftlich beschrieben sind.

Literatur:

Blackwell M, 2011. The Fungi: 1,2,3...5.1 million species? American Journal of Botany 98(3):426-438.

Hawksworth DL, 2001. The magnitude of fungal diversity: the 1.5 million species estimate revisited. Mycological Research 105(12): 1422-1432.

Das größte Lebewesen der Erde ist nicht der Blauwal!: Das im Jahr 2000 aufgrund eines rätselhaften Waldsterbens entdeckte Myzel einer Hallimaschart (Armillaria ostoyae) im Malheur National Forest (Oregon, USA) wurde wegen seiner Ausdehnung von über 880 Hektar, eines errechneten Alters von mindestens 2400 Jahren und seiner Masse von ca. 600 Tonnen als das größte bekannte Lebewesen der Erde bezeichnet. Es gibt aber wahrscheinlich noch ausgedehntere Bestände klonal wachsender Pflanzen wie Schilf, Heidelbeere, Bambus u. ä., die ein größeres Gesamtgewicht aufweisen. Der größte Hallimaschklon (auch A. ostoyae) Europas wurde 2004 in der Schweiz beim Ofenpass entdeckt. Er ist im Durchmesser 500 bis 800 Meter groß, bedeckt eine Fläche von 35 Hektar und ist etwa 1000 Jahre alt. (Quellle: http://de.wikipedia.org)

Nachfolgende, auch für Einsteiger gut geeignete Literatur enthält zahlreiche Beispiele aus dem Pilzreich und Anregungen zur kreativen Beschäftigung mit Pilzen:

Holzer H (2011): Fadenwesen – Lichtlandverlag Grafenau.

Lüder R & F (2013): Pilze zum Genießen – Das Familienpilzbuch für Küche, Kreativität und Kinder. Kreativpinselverlag, Neustadt.

Das Reich der Pilze ist ein unerschöpfliches biochemisches Reservoir, das noch lange Zeit wissenschaftliche und medizinische Neuigkeiten verspricht. Sämtliche Antibiotika (z. B. Penicillin) stammen aus dem Pilzreich. Mittlerweile sind durch langjährigen und massiven Medikamenteneinsatz Resistenzen von Krankheitserregern entstanden, die dessen Wirksamkeit mindern. Auch die nächste Generation von gut wirksamen Antibiotika wird aus Pilzinhaltsstoffen entwickelt (s. Plectasin, Pseudoplectania nigrella).



Wussten Sie, dass der Schopftintling, ein bei uns heimischer und sehr häufiger, ausgezeichneter Speisepilz, als Vitalpilzpulver den Blutzucker senkt und dabei mit herkömmlichen medizinischen Präparaten zur Behandlung von Diabetes mellitus gut mithalten kann?


Wachsen Steinpilze gern zusammen mit Fliegenpilzen?


Ja, denn beide haben offensichtlich ähnliche Standortansprüche (bodenvag, d. h. sowohl in basischen als auch bodensauren Gebieten) und Mykorrhizapartner (z. B. Fichten, Buchen, Birken), wobei der echte Fichtensteinpilz ein obligater Fichtenbegleiter ist. Das muss aber nicht bedeuten, dass beide Arten auch zur gleichen Zeit Fruchtkörper bilden, wie hier auf der Abbildung. Man kann also oftmals Dutzende Steinpilze finden und kaum Fliegenpilze uund umgekehrt. In Gebieten, wo man öfter Fliegenpilze gefunden hat, lohnt es sich aber auf jeden Fall, nach Steinpilzen Ausschau zu halten.